Flexible Rohrinspektion mit Terahertz-Technologie

Neue Standards in der Rohrprüfung: Terahertz-Technologie im Einsatz

Effiziente Produktionsprozesse verlangen einen wirtschaftlichen Rohstoffeinsatz. Das Material sollte so sparsam wie möglich verwendet werden, ohne die definierten Anforderungen zu unterschreiten. Bereits eine Einsparung von nur einem Prozent kann erhebliche Kostenvorteile bringen: Bei einem durchschnittlichen Massendurchsatz von einer Tonne pro Stunde, 8000 Produktionsstunden im Jahr und einem Materialwert von 1500 EUR pro Tonne lassen sich so jährlich 120.000 EUR einsparen.

Material kann beispielsweise durch reduzierte Wanddicken effizienter genutzt werden. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass die Mindestschichtdicke nicht unterschritten wird, um Ausschuss zu vermeiden. Zum Überwachen sind Prüfsysteme erforderlich, die direkt im Produktionsprozess integriert sind.

Für die Qualität von Kunststoffrohren und -schläuchen sind entscheidende Kennzahlen, die ein Inline-Prüfsystem möglichst in Echtzeit und frühzeitig im Prozess ermittelt und dokumentiert:

  • Durchmesser
  • Wanddicke
  • Schichtaufbau
  • Ovalität
  • Sagging (Abssacken der Schmelze während der Erstarrung bei zu hoher Viskosität)

Neue Messtechniken für präzisere Qualitätssicherung in der Kunststoffrohrproduktion

Lange Zeit waren Ultraschallmessungen das dominierende Verfahren in der Qualitätssicherung und Prozessüberwachung der Kunststoffrohrproduktion. Dabei werden Ultraschallwellen in das Extrudat eingeleitet und ihre Laufzeit gemessen. Mit der materialspezifischen Schallgeschwindigkeit lässt sich daraus die Wanddicke berechnen. Da die Schallgeschwindigkeit jedoch stark temperaturabhängig ist, erschweren die Temperaturschwankungen während der Extrusion eine präzise Messung. Als Alternative erfassen laserbasierte Sensoren den Außendurchmesser, während röntgenbasierte Sensoren zusätzlich Wandstärke und Ovalität bestimmen.

Die Kombination beider Messtechniken ermittelt alle notwendigen Qualitätskriterien, allerdings nur durch den Einsatz zweier Sensoren und eines sicherheitskritischen Röntgensensors.

Eine vielversprechende Alternative stellt das Terahertz-Verfahren dar, bei dem mit nur einem Sensor die entscheidenden Kenngrößen ohne Strahlenschutz erfasst werden. Die Technik hat sich in zahlreichen industriellen Anwendungen bereits als ausgereift und geeignet erwiesen.

Im Gegensatz zur Schallgeschwindigkeit sind optische Parameter wie der Brechungsindex und der Absorptionskoeffizient deutlich weniger temperaturabhängig.

Mobiler Terahertz-Handscanner.
© Fraunhofer ITWM
Messaufbau mit Terahertz-FMCW-Handscanner.

Prinzipiell kommen zwei unterschiedliche Terahertz-Techniken zum Einsatz. Beim TDS-Verfahren (Time-Domain-Spectroscopy / Zeitbereichsspektroskopie) werden sehr kurze Terahertz-Impulse erzeugt, über deren Laufzeit die Dicken einzelner oder mehrerer Schichten bestimmt werden. Der Messbereich reicht von 10 µm bis wenige Millimeter, mit einer Reproduzierbarkeit von besser 1 µm. In einer Sekunde können so bis zu 1.600 Dickenmessungen durchgeführt werden. Das zweite Verfahren basiert auf einem FMCW-Radar (Frequency Modulated Continuous Wave) und ermöglicht Schichtdickenmessungen im Bereich von 100 µm bis mehreren Zentimetern. Die Dickenmessung erfolgt ebenfalls über eine Laufzeitmessung. Einzelschichten und mehrlagige Schichten werden mit Messfrequenzen von bis zu 5.000 Messungen pro Sekunde geprüft. Beide Messverfahren lassen sich in ein Inline-Prüfsystem integrieren.

Für Prüfungen an großen, ortsfesten Objekten oder im Feld – etwa nach dem Schweißen von Kunststoffrohren oder dem Isolieren von Fernwärmerohren – steht ein mobiles System zur Verfügung. Ultraschall ist bei Fernwärmerohren nicht anwendbar, da die Isolierung aus aufgeschäumten Materialien besteht, die den Schall zu stark dämpft. Für diese speziellen Messaufgaben steht ein mobiles Terahertz-System zur Verfügung.

Messungen im Feld
© Becker Photonik GmbH
Messungen im Feld, z.B. an Fernwärmerohren, sind mit dem mobilen Terahertz-Sensor möglich.

Anwendungsbeispiele aus der Rohrproduktion

In diesen Beispielen soll die Wanddicke von ein- und mehrschichtigen Glattrohren direkt hinter dem Extruder und vor der ersten Kühlstrecke gemessen werden, um die Prozessregelstrecke so kurz wie möglich zu halten. Übliche Ultraschall-Systeme lassen sich hier aufgrund der erhöhten Rohrtemperatur und der plastischen Seele im Rohrinneren nicht einsetzen. Die Terahertz-Technologie hat sich jedoch als erfolgreiche Alternative erwiesen. Beide Beispiele betreffen ein geschäumtes Rohr, allerdings mit unterschiedlichen Wanddicken. Im ersten Beispiel haben wir ein PP-Kunststoffrohr mit geschäumtem Kern untersucht. Zur zuverlässigen Dickenbestimmung bei geringer Wandstärke wird das Signal durch einen Vergleich von Messung und Simulation in Echtzeit ausgewertet.

Wanddickenmessung an einem geschäumten PP-Rohr: Messsignal und simulierter Signalverlauf, der zur Auswertung verwendet wird.
© Fraunhofer ITWM
Wanddickenmessung an einem geschäumten PP-Rohr: Messsignal und simulierter Signalverlauf, der zur Auswertung verwendet wird.
Wanddickenmessung an einem geschäumten PP-Rohr: Prüfung der einzelnen Lagen entlang des Rohrs mit 40 Messungen pro Sekunde
© Fraunhofer ITWM
Wanddickenmessung an einem geschäumten PP-Rohr: Prüfung der einzelnen Lagen entlang des Rohrs mit 40 Messungen pro Sekunde

Im zweiten Beispiel haben wir ein geschäumtes Polyvinylchlorid-Rohr (PVC) geprüft. Hier sind die einzelnen Schichten dicker und somit für beide Terahertz-Techniken zugänglich. Die Messergebnisse beider Methoden stimmen sehr gut überein. Eine zusätzliche Messung mit dem Terahertz-FMCW-Handscanner entlang des Umfangs erfasst die Dickenvariation der einzelnen Lagen.

Wanddickenmessung an einem geschäumten PVC-Rohr
© Fraunhofer ITWM
Wanddickenmessung an einem geschäumten PVC-Rohr: Vergleich der gemessenen Wanddicken der einzelnen Lagen entlang des Rohrs. Die optische Weglänge entspricht dem Produkt aus geometrischer Dicke und Brechungsindex (hier bei etwa 1,7).
Verteilung der gemessenen Wanddicken der einzelnen Lagen entlang des Rohrumfangs
© Fraunhofer ITWM
Verteilung der gemessenen Wanddicken der einzelnen Lagen entlang des Rohrumfangs
Wanddickenmessung an Wellrohren: Messung an vier Positionen (CH1-4) entlang des Umfangs. Die Wellenhöhe beträgt 3 cm, der Durchmesser 130 mm, der Vorschub 4 m/min.
© Fraunhofer ITWM
Wanddickenmessung an Wellrohren: Messung an vier Positionen (CH1-4) entlang des Umfangs. Die Wellenhöhe beträgt 3 cm, der Durchmesser 130 mm, der Vorschub 4 m/min.

Wellrohre im Prozess prüfen

Mit Ultraschall können Wellrohre aufgrund ihrer Oberflächenstruktur nicht im Produktionsprozess untersucht werden. Je kürzer die Welligkeit – also je mehr Wellen pro Strecke – desto schwieriger ist das Rohr zu prüfen. Terahertz-Prüfungen hingegen sind berührungslos und eignen sich zum Messen von Wellrohren. Dabei ist zu beachten, dass nur von Rohrpositionen, die nahezu senkrecht zum einfallenden Messstrahl stehen, ausreichend Signale den Detektor erreichen. Die beiden untersuchten Wellrohre unterscheiden sich in der Anzahl der Wellenberge pro Streckeneinheit, der Wellenhöhe (Höhendifferenz zwischen Wellenberg und -tal), dem Rohrdurchmesser, der Wanddicke sowie der Vorschubgeschwindigkeit. In beiden Fällen wurden die Wanddicken in Echtzeit ermittelt. Das hier vorgestellte Wellrohr zeigt eine ausgeprägte Welligkeit mit einer Amplitude von 3 cm bei einem Vorschub von 4 m/min. Die Wanddicken wurden mit hoher Präzision in Echtzeit ermittelt.

Simultane Messung an mehreren Kanälen

Die Terahertz-Systeme sind modular aufgebaut und somit kann die Hardware entsprechend erweitert werden. Bei TDS-Systemen werden Vier-Kanalsysteme eingesetzt. Kürzlich haben wir einen Acht-Kanal-FMCW-Prüfsystemen demonstriert. In allen Fällen erfolgen die Messungen und die zugehörige Auswertung auf allen Kanälen parallel.

Wir haben ein neu entwickeltes Rohrprüfsystem an einen Weltmarktführer übergeben und damit einen Meilenstein in der Schichtdickenmessung von Rohren realisiert. Unser Inline-Messsystem ermöglicht dem Unternehmen die direkte Prüfung der Rohrwandstärke kurz nach der Extrusion des genutzten Kunststoffes und somit auch die direkte Nachregelung, um die Qualität und Effizienz der Produktion zu optimieren.

 

Ausblick: Vielseitige Einsatzmöglichkeiten der Terahertz-Technik

Die Terahertz-Technik ist eine äußerst vielseitige und industriereife Messtechnik, die besonders in der kunststoffverarbeitenden Industrie von großem Nutzen ist und sich in den kommenden Jahren weiter verbreiten wird. Neben der Anwendung in der Rohrproduktion findet sie auch bei der Dickenmessung von Schläuchen und Beschichtungen auf Kunststoff breite Verwendung. Ein erfolgreiches Beispiel dafür ist die Lackdickenmessung an lackierten Stoßfängern.

Rohrinspektionssystem zur Prüfung der Wandstärke im Produktionsprozess.
© Fraunhofer ITWM
Rohrinspektionssystem zur Prüfung der Wandstärke im Produktionsprozess.

Video: Flexible Rohrinspektion mit Terahertz-Technologie

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